Lucas Maslowski kommt aus Paris und hilft den Schülern am Harthaer Gymnasium, die französische Sprache zu erlernen. Dabei war die Kleinstadt nicht die erste Wahl des Franzosen.
Von Martha Johanna Kaul
Wenn Lucas Maslowski von seinem Heimatland spricht, leuchten seine Augen. Dabei erzählt er aber nicht in seiner Muttersprache Französisch, sondern auf Deutsch. Er spricht verständlich mit nur kleinen Fehlern. Ab und zu hält er inne, denkt nach oder fragt nach einem Wort, dann spricht er weiter. Dass er erst vor acht Wochen angefangen hat, die deutsche Sprache zu erlernen, ist kaum zu hören. Dabei hatte er anfangs sogar Angst, überhaupt zu reden. „Ich habe mir Sorgen gemacht, dass ich komisch angeschaut werde, wenn ich etwas sage, das dann falsch ist“, so Lucas Maslowski. Auch jetzt noch entschuldigt er sich für jeden kleinen Versprecher. Seit Anfang des Schuljahres ist der Franzose am Harthaer Martin-Luther-Gymnasium als Fremdsprachen-Assistent (FSA) im Unterricht dabei. Er unterstützt Fremdsprachenlehrerin Anja Krußig, der es ein besonderes Anliegen war, einen Fremdsprachenassistenten an die Schule zu holen. „Als das Landesamt für Schule und Bildung (Lasub) im vergangenen Jahr bei
den Schulen nach dem Wunsch eines Fremdsprachen-Assistenten nachfragte, habe ich mich gleich gemeldet“, erzählt Anja Krußig. Einen Fremdsprachen-Assistenten zu bekommen sei sehr schwer, da sich auf die Anfrage des LasuB mehr Schulen melden, als es letztendlich Assistenten gibt. Daher war die Freude bei der Lehrerin für Englisch und Französisch besonders groß, als die Zusage kam, dass Lucas Maslowski aus Paris ihren Unterricht begleiten wird. „Lucas ist für die Stunden eine wirkliche Bereicherung. Die Schüler sind von ihm begeistert und hängen an seinen Lippen“, so Anja Krußig. „Ich hatte am Anfang etwas Sorge, dass Lucas sich bei uns nicht zurechtfindet, oder es ihm hier nicht gefällt“, erzählt Schulleiterin Heike Geißler. Inzwischen gehöre Lucas Maslowski aber schon zum Team.
Von der Metropole in die Kleinstadt
Dass es ihn ausgerechnet nach Hartha verschlagen sollte, hatte der Fremdsprachen-Assistent so nicht geplant. „Ursprünglich wollte ich nach Österreich oder Berlin. Erst mein Drittwunsch war Sachsen.“
Bisher kannte er nur das Leben in der Großstadt. In einem Vorort von Paris aufgewachsen, zog er zu Beginn seines Philosophie- Studiums ins Herz von Paris. An Hartha muss er sich erst gewöhnen. Genauso wie an den sächsischen Dialekt. „Ich wohne in Chemnitz in einer WG. Mit meinen drei Mitbewohnern lerne ich hauptsächlich Deutsch. Ihr Dialekt macht es mir manchmal sehr schwer. Einen von ihnen verstehe ich generell überhaupt nicht.“ Von Chemnitz fährt der Fremdsprachen-Assistent mit dem Zug nach Burgstädt. Von dort nimmt Anja Krußig ihn mit. Für die Lehrerin ist der Austausch ein Herzensprojekt. „Ich habe selbst vor vielen Jahren an einem Austausch teilgenommen und war in Frankreich als FSA. Diese Zeit möchte ich heute nicht mehr missen.“ Sie will Lucas, so gut es ihr möglich ist, unterstützen. „Deswegen hat er jeden Montag einen freien Tag“, so Krußig. Diesen soll Lucas Maslowski vor allem dafür nutzen, um Deutschland und seine Traditionen kennenzulernen. Dabei bleiben auch die Erfahrungen mit deutschen Klischees nicht aus. „Ich habe überhaupt nicht verstanden, warum Menschen beim Straße überqueren, an der Ampel warten. Für uns Franzosen ist die Ampel zwar da, aber da schaut niemand drauf. Wir laufen einfach los und hier stehen die Menschen brav und warten, bis es Grün ist. Das war unfassbar komisch für mich.“
Immer im akademischen Viertel
Über das traditionelle deutsche Frühstück, welches die Schüler der 12. Klasse für den französischen Assistenten auf die Beine gestellt hatten, habe er sich sehr gefreut. „Es gab Käse und Würstchen. Ich habe das noch nie zum Frühstück gegessen, aber es war dennoch sehr lecker“, so Maslowski. Am Gymnasium begleitet Lucas die Schüler von der sechsten bis zur zwölften Klasse. Tanzt mal ein Schüler aus der Reihe oder redet mit seinem Nachbarn, hat Lucas Maslowski bereits gelernt, wie er sie um Ruhe bittet. „Ich sage einfach ‚Klappe zu!‘ und dann ist erstaunlicherweise immer Ruhe.“ Den Respekt bei den Schülern musste er sich nach eigener Aussage nicht erarbeiten. „Die deutschen Kinder sind ganz anders als die französischen. Hier in Hartha sind alle sehr respektvoll, haben Disziplin und erscheinen immer pünktlich zum Unterricht“, so Maslowski. Ein Punkt, den Lucas selber nicht so genau nimmt. „Die Deutschen sind so pünktlich und akkurat, bei uns ist das nicht so“, erzählt Lucas Maslowski lachend und Anja Krußig bestätigt: „Lucas kommt generell eine viertel Stunde zu spät und das ist für ihn auch vollkommen normal. “ In den Weihnachtsferien fährt Lucas nach Hause zu seiner Familie. Vorher möchte er aber auf dem Weihnachtsmarkt arbeiten und die weihnachtlichen Traditionen in Deutschland kennenlernen.
Bild: Lucas Maslowski ist der neue Fremdsprachen-Assistent aus Paris. Die Arbeit mit den Schülern macht ihm großen Spaß. In Frankreich möchte er selbst Lehrer
werden. Foto: Lutz Weidler
SZ, 17.11.2022